Montag, 17. Juni 2013

ZÜRICH: BLÄTTERN IM WAGNER-ALBUM

regisseur hans neuenfels war mal ein provokativer geist. war mal. bei den zürcher festspielen zeigt er sich jetzt von der ganz und gar zahmen seite und blättert mit uns gemütlich im wagner-album. „richard wagner – wie ich welt wurde“ heisst, ziemlich ambitioniert, neuenfels‘ beitrag zum wagner-jahr, ein potpourri von biographischen und musikalischen episoden aus des komponisten zürcher zeit, kunterbunt angerichtet mit opern- und schauspielstars im schiffbau. robert hunger-bühler spielt den komponisten eindimensional durchgeknallt, ein widerling, der seine umgebung ohne unterlass tyrannisiert und sich zu seiner eigenen lohengrin-ouverture am boden wälzt und aufgeilt bis zum feuchten ende – man möchte das so genau weder wissen noch sehen. um wagners grössenwahn werden inmitten putziger bergkulisse seine affären, seine gegner, seine mentoren drappiert; in seinen fieberschüben schauen otto wesendonk, gottfried keller und charles baudelaire vorbei, es gibt da ein bonmot, dort eine arie, da einen briefwechsel, dort ein duett. wagners leben als variété. der disput um sein grässliches pamphlet „über das judentum in der musik“ wird in so einem umfeld zur weiteren nummer degradiert. es fehlt dem abend an intellektueller tiefe und dramaturgischer stringenz. was bleibt, ist eine nicht wirklich inspirierte und inspirierende mischung aus wikipedia und (immerhin hochkarätigem) wunschkonzert. die zürcher festspiele bescheren uns hier die denkbar luxuriöseste variante einer volkshochschul-veranstaltung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen