Sonntag, 31. März 2013

LUZERN: ABENDFÜLLENDE SILIKONBRÜSTE

so läuft’s wohl, wenn dragan, der autohändler, eine party schmeisst: bunga-bunga zwischen sperrholzwänden, überblonde glitter-flittchen mit abendfüllenden silikonbrüsten tanzen auf den tischen, alle mampfen spaghetti von plastiktellern und schmieren sich torten ins gesicht. und exakt so zeigt der tessiner regisseur lorenzo fioroni am luzerner theater den ersten akt von giuseppe verdis „la traviata“. violetta, die edelkurtisane, verkehrt hier nicht in noblen pariser salons, nicht in samt und gold, sondern in der trash-society. diese comicartige überzeichnung zum süssen melodienreigen ist erstens gewöhnungsbedürftig und zweitens überraschend sinnig. denn der kontrast zwischen der kaputten, falschen welt und den plötzlich aufkeimenden echten gefühlen wird dadurch vergrössert: die wahre liebe gewinnt an tiefe, die vielen konflikte gewinnen an schärfe, verdis musik erreicht neue dimensionen. noch selten hat man violettas liebhaber alfredo (carlo jung-heyk cho), dessen vater seine unstandesgemässe liaison um jeden preis unterbinden will, so ausweglos verzweifelt gesehen, so wütend, so nahe am wahnsinn. und noch selten hat man violettas sehnsucht nach einem anderen leben besser nachvollziehen können. die bulgarische sopranistin svetlana doneva gibt dieser rastlos zwischen hoffnung,  glück und tod hin und her eilenden frau in jedem moment grösse und würde; traumwandlerisch bewegt sie sich über alle musikalischen klippen und durch alle emotionalen hochs und tiefs dieser partie. eine überzeugende, eine sehenswerte arbeit.

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