Samstag, 21. April 2012

MÜNCHEN: LUISA MILLER HOCH ZWEI

bauernmädchen liebt jungen grafen und umgekehrt. passt den beiden vätern gar nicht ins konzept, kommt schlecht, gift, zwei tote (ein bauernmädchen, ein junger graf). als verdi sich mit 35 von den grossen historischen stoffen abzuwenden und das individuum ins zentrum zu rücken begann, kam ihm schillers „kabale und liebe“ gerade recht: so entstand seine „luisa miller“ – musikdrama statt opernkonvention, sich entwickelnde motive statt stereotype mitpfeif-nummern. in seiner inszenierung für die bayerische staatsoper legt claus guth die oft unterschätzten qualitäten dieses werks auf eindrückliche weise frei. hier geht es um psychologie, um projektionen von liebenden und vor allem von vätern, die güte und strenge vortäuschen, wo purer egoismus regiert. diese kalten gefühle stellt guth in kalten hohen räumen aus, durch die – vorahnung – immer wieder ein trauerzug wandelt. den vier zentralen figuren gesellt er lebendige spiegelbilder bei, verdoppelt und vervierfacht so ihre sehnsüchte und ihre nöte, baut mit diesen spiegelungen nachtblaue seelenpanoramen und galliggrüne vexierbilder. noch selten hat ein regisseur so viel präzise intellektuelle vorarbeit nicht einfach nur ins programmheft geschrieben, sondern optisch dermassen sinnlich und tiefrührend umgesetzt. das funktioniert nur, weil serena farnocchia (luisa), ramon vargas (rodolfo), zeljko lucic (miller) und christof fischesser (conte di walter) nicht nur herausragende sänger sind, sondern auch kongeniale darsteller.

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