Donnerstag, 21. Juli 2011

DETMOLD: DIE OPER LEBT

in 81 deutschen städten existieren 84 opernhäuser oder theater mit festem opernensemble. hier treten 1300 fest engagierte solistinnen und solisten auf, gemeinsam mit 3000 chorsängerinnen und -sängern und 5000 orchestermusikerinnen und -musikern. sie verhelfen deutschland zu jährlich 6000 opernaufführungen, davon etwa 600 premièren. diese zahlen liefert ralph bollmann im eben erschienenen buch "walküre in detmold" (klett-cotta). ja, viele dieser häuser geraten unter rechtfertigungsdruck; ja, viele dieser häuser müssen mit etat-kürzungen leben; ja, das opernpublikum ist nicht immer bereit, sich aus der vergangenheit zu lösen und der zukunft zu begegnen. und trotz allem: von der bildfläche verschwinden wird die oper so schnell nicht. und von wegen luxus-vergnügen für die elite; auch dazu hat bollmann recherchiert: "im schnitt geht die mittelschicht am häufigsten ins theater."

Dienstag, 19. Juli 2011

MÜNCHEN: DER KLEIST-WORKSHOP

die bühne wird nach drei seiten hin durch riesige plastikvorhänge abgegrenzt, einige stühle stehen rum, ein grosser schwarzer tisch, ein paar lautsprecherboxen, mikrophonständer, eine hammond-orgel – nicht eben die klassische kulisse für heinrich von kleist. hier zeigt regisseurin hanna rudolph ihre annäherung an „michael kohlhaas“. sie macht aus der kleistschen novelle über den pferdehändler, dem unrecht widerfährt und der an der behörden-willkür zugrunde geht, nicht einfach ein drama, sondern ein zwischending, eine – sehr bewegte – szenische lesung: die darsteller kippen unvermittelt vom erzählen ins spielen, vom spielen ins erzählen, und weil dabei auch noch jeder für mehrere figuren steht, wird dem zuschauer einiges an konzentration abverlangt. doch der abend kommt in fahrt und der zuschauer auch, zunehmend erliegt er der faszination dieser übungsanlage. ein junges ensemble – und mit friedrich mücke ein sprachmächtiger und differenzierter kohlhaas im zentrum - experimentiert mit dieser 200 jahre alten sprache, belässt sie im original, aber rhythmisiert sie neu und dynamisiert sie mit rasanten einsätzen, wodurch die eskalation dieser haarsträubenden geschichte an absurdität noch gewinnt. alles in allem also eine art workshop – über die heutigkeit gestriger sprache, über die fliessenden grenzen von idealismus und querulantentum, von gerechtigkeitssinn und selbstjustiz. eine volle ladung. dieser abend im münchner volkstheater ist nicht der ultimative beitrag zum kleist-jahr, doch ein ausgesprochen erfrischender.